Elijah lag immer noch relativ regungslos da, bis er sich leicht drehte und kurz darüber nachdachte, was er geträumt hatte. Er streckte sich, bis er sich kurz aufsetzte, um zu bemerken, dass Aenwynn nicht neben ihm lag. Die Angst, vor der er sich insgeheim fürchtete, suchte sich jedoch nicht den Weg in sein Herz, schließlich konnte er sich entspannen: Er spürte wieder ihre Aura im Raum, heller, magischer, stärker. Er blickte in Richtung Fenster und sah etwas, was er noch nie in seinem Leben gesehen hatte. Ein Blick auf ihr Gesicht war ihm leider verwehrt, er konnte nur erahnen, dass sie verschiedene Malereien auf ihrer Haut hatte, so sicher war er sich jedoch nicht. Doch das eigentlich Wichtige, was er sah, verzauberte ihm viel mehr seine Sinne. Ihr Körper schimmerte, leicht, silbrig, als würde sie glühen, manchmal erinnerte ihn die Farbe jedoch eher an einen Smaragd, da er leichte grünliche Schwingungen sah. Er konnte sich erst nicht erklären, was sie dort getan hatte, doch aufgrund ihrer Aura merke er, es konnte nichts böswilliges sein. Elijah lächelte sie an, stolz. Das war die Hexe, die er kennen gelernt hatte, auch wenn dies bedeutete, seine Rolle aufzugeben, schließlich war sie nicht mehr auf ihn angewiesen. Als sie ihr Gesicht streifte, war er etwas froh darüber, sich diese Schatten nicht eingebildet zu haben, doch irgendwie wusste er nicht, ob er seinen müden Augen trauen konnte. Er lächelte sie an.
Mehr als ein „Nein“ kam nicht über seine Lippen, leise, sanft, vielleicht auch ein bisschen verschlafen. Eigentlich mochte er diesen Zustand nicht, schließlich bedeutete Schlafen auch gleichzeitig einen Kontrollverlust. Aber jetzt, wo Aenwynn wieder wohlauf war, musste er sich darüber keine Sorgen mehr machen. Weit und breit hörte er keinen Laut in der Straße. Er blickte auf seine Uhr. „Willst du nicht schlafen? Wir haben es schon kurz nach drei“ flüsterte er, immer noch etwas verträumt. Als sie sich zu ihm gesellte, bemerkte er erst nicht, dass sie ihm etwas geben wollte. Als sie seine Handfläche berührte, war Elijah etwas verwundert – seit sie in der 'Gefangenschaft' des Hexenjägers gewesen war – war jede ihrer Berührungen eiskalt, als wäre sie tot, mehr als er es war, tiefschwarz. Jetzt jedoch fühlte sich die Berührung warm an. Elijah blickte die Kirsche verwundert an, welche jetzt in seiner Handfläche lag. Lächelnd begutachtete er die pralle Kirsche, welche in einem schönen dunkelrot strahlte, fast, als wäre sie kurz davor, zu platzen, da sie so prall war. Elijahs Lächeln wurde zu einem kurzem Lachen, als er die Kirsche schlussendlich aß. Er bedankte sich nickend, beobachtete sie, wie sie sich auf die Seite drehte, ihn anblickte. „Du musst schlafen“ sagte er leise. „Wir haben nicht mal mehr 3 Stunden, bis wir aufstehen müssen. Der Zug geht um 7 Uhr morgens.“ Er setzte sich richtig auf, so dass er sich hinten anlehnen konnte und sie besser im Blick hatte. „Ich muss nicht mehr schlafen“ fügte er hinzu und wahrlich musste man es ihm lassen, er sah frischer aus als zuvor. Er wartete ab, bis Aenwynn schlafen würde, kurz streichelte er über ihren Kopf, ließ sie nicht aus dem Blick. Seine große Hand sah auf ihrem Haar etwas deplatziert aus, schließlich wirkte sie dennoch zierlich neben ihm. Die restlichen drei Stunden verharrte er so, sich unsicher, ob sie schlief, schließlich wusste er nicht, ob sie dies musste, wenn sie sich gerade so stark erholt hatte.
Er hörte die ganze Nacht nichts, nicht einen Mucks. Als wäre es schon immer still gewesen in Amble. Vermutlich lag dies daran, dass es Sonntag war. Er hörte, wie Liz zwei Mal in der Nacht auf Toilette gewesen war, aber sonst gab es keinen einzigen Laut innerhalb und außerhalb des Hauses. Als seine Armbanduhr halb sechs zeigte, rutschte er an Aenwynn vorbei ans Ende des Bettes, stand auf, schlich sich Richtung Tür. Er fühlte sich verdammt unwohl, schließlich hatte er in voller Montur geschlafen. Er musste Zuhause – bei diesem Gedanken verdunkelte sich seine Miene etwas – dringend baden. Elijah seufzte. Für einen kurzen Moment drehte er sich um, beblickte Aenwynns Körper, wie sie dort lag, so ruhig. Dann schlich er sich aus dem Zimmer, in dem Moment kam Liz aus ihrer Tür. Er sah sie an. „Guten Morgen Mr. Smith“ sagte sie erfreut. Elijah lächelte, formte dennoch einen Zeigefinger vor seinen Lippen, schließlich hatte er die Tür noch nicht ganz geschlossen und wollte Aenwynn nicht wecken. Sie wollte Frühstück für ihre beiden Gäste machen. Sie trug eine schwarze Leinenhose, rote Sandaletten und eine geblümte Bluse. Elijah sah sie an, sein Lächeln war aufrichtig. „Ich helfe Ihnen dabei“ sagte er. Liz lächelte, vermutlich hatte sie sich daran gewöhnt, dass er so mit ihr redete. Beide gingen die Treppe hinunter, bis sie in die Küche abbogen. Dort standen schon alle Zutaten hergerichtet, die Eierpackung stand draußen, die Milch, alles was man für Pfannkuchen brauchte – Elijah war sichtlich verwundert. „Ja, also heute Nacht konnte ich nicht schlafen, da war ich hier unten und habe schon mal alles vorbereitet.“
In diesem Moment kam Elijah kurz die Angst hoch, schließlich erinnerte er sich nicht daran, jemanden die Treppe hinunter gehen gehört zu haben. „Liz, wann war das?!“ Seine Stimme wirkte etwas unhöflich, fordernd, Liz jedoch grinste. „Na, so gegen 2 Uhr, alte Leute schauen doch nicht ständig auf die Uhr.“ Er merkte an ihrer Art, dass sie die Wahrheit sagte, und ihre Gedanken versprachen ihm das Gleiche. Es beruhigte ihn etwas, schließlich war er um diese Uhrzeit nicht richtig anwesend. Beide machten sich ans Werk. Diesmal hatte Elizabeth jedoch die Oberhand, Elijah lies sie machen, sie witzelte die ganze Zeit mit ihm, als wären sie gute Freunde, manchmal sprach sie ihn mit James an, jedoch war es meist mehr ein Flüstern. Sie kochte ihm einen starken Espresso, so, wie sie ihn immer für ihren Mann gemacht hatte. Sie tat ihm leid. In ihrem Kopf herrschte wahrlich ein Gedankenchaos, vor allem, weil sie zwanghaft versuchte, herauszubekommen, wer oder was Elijah war. Er musste schmunzeln. Als die ersten Pfannkuchen in der Pfanne waren, setzte sie sich zu ihm an den Tisch. Elijah sah sie an. „Was möchten Sie wissen, Liz?“ Sie lächelte verlegen, ihre raue Haut, welche dennoch wunderschön aussah, färbte sich rot. In ihrem Kopf reihten sich mehrere Fragen von 'Sind Sie ein Zauberer?' über 'Ist ihre Freundin eine Fee?'. Es gab jedoch auch ernstere Fragen dazwischen – sei es 'Werde ich mich überhaupt an Sie erinnern können?' oder 'Was sind Sie wirklich?'. Elijah wartete ab, doch mit ihrer folgenden Frage hatte er wahrlich nicht gerechnet. „Können Sie mich all den Schmerz vergessen lassen?“ fragte sie. Elijah verschluckte sich an seinem Espresso, Elizabeths Röte stieg ihr weiter ins Gesicht. „Oh Gott, entschuldigen Sie...“ Sie legte ihre Hand auf die seine, als Elijah die Tasse wieder abstellte. Ehe er antworten konnte, stand sie auf, eilte zu der Pfanne und kümmerte sich weiter um die Pfannkuchen. Ihre Gedanken waren leer.
Nach einer Weile der Stille – man hörte nur das Brutzeln der Pfanne - war sie fertig, auch der Tisch war schon gedeckt. Auf der Kommode am Schrank lagen die beiden Zugtickets, welche Liz für Elijah besorgen sollte. Er hatte sie schon bei seiner Befragung darum gebeten, darauf pochend, dass sie explizit hier übernachten würden, schließlich war hier nur eine ältere Frau im Haus, keine Kinder. Und er war sich sicher, er würde Aenwynn finden. „Möchten Sie Aenwynn holen?“ fragte Elizabeth, die endlose Stille unterbrechend. Elijah stand auf, nickte. Ging Richtung Treppe. Er fühlte sich komisch, schließlich fragte er sich, wie Elizabeth auf ihre Frage gekommen war. War das ihr sehnlichster Wunsch? Einfach alles zu vergessen?